Sehr geehrte Damen und Herren,
am 24. Mai 2016 ist die sogenannte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten und seit 25. Mai 2018 wird sie auch angewendet.
Im Artikel 8, Absatz 1, DSGVO [1] steht, dass "bei einem Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft, das einem Kind direkt gemacht wird, […] die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Kindes rechtmäßig [ist], wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat. Hat das Kind noch nicht das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so ist diese Verarbeitung nur rechtmäßig, sofern und soweit diese Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird." Weiter heißt es: "Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften zu diesen Zwecken eine niedrigere Altersgrenze vorsehen, die jedoch nicht unter dem vollendeten dreizehnten Lebensjahr liegen darf." Deutschland hat auf eine Anpassung verzichtet.
Im Thüringer Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (ThürEBBG) § 2 Absatz 2 [2] steht: "Stimmberechtigt bei Einwohneranträgen sind außerdem Einwohner, die am Tage der Unterzeichnung des Antrags seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde ihren Aufenthalt und das 14. Lebensjahr vollendet haben."
Dazu haben wir folgende Fragen:
1. Wie bewertet die Stadtverwaltung Artikel 8 DSGVO im Zusammenhang mit § 2, Absatz 2, ThürEBBG? Ist ein Einwohnerantrag ein Dienst der Informationsgesellschaft? Und wenn ja, welche Probleme ergeben sich daraus, wenn Jugendliche ihren politischen Willen in Form eines Einwohnerantrages kundtun möchten, aber vorher ihre Eltern um Erlaubnis fragen müssen, vor allem in Bezug auf Artikel 9, Absatz 1, DSGVO [3]:
"Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt."
2. Sieht die Verwaltung weitere Probleme, die sich durch die DSGVO ergeben? Und wenn ja, welche sind das und wie gedenkt die Verwaltung diese zu lösen?
3. Am 5. Juni 2018 urteilte das EuGH in der Rechtssache C‑210/16 [4], dass die Betreiber von Facebook-Fanpages gemeinsam mit Facebook für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucher verantwortlich sind. Der Betreiber einer Facebook-Fanseite gestalte sein Informations- und Kommunikationsangebot selbst und trage damit zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucher seiner Fanpage bei. Wie bewertet die Stadtverwaltung dieses Urteil im Zusammenhang mit der Fanpage der Stadt Erfurt?
[1] https://dsgvo-gesetz.de/art-8-dsgvo/
[2] http://www.landesrecht-thueringen.de/jportal/portal/t/qx8/page/bsthueprod.psml;jsessionid=BBA1C3CDE210048774B6D2F84761B151.jp26?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-EBBGTHrahmen&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1#jlr-EBBGTHpP2
[3] https://dsgvo-gesetz.de/art-9-dsgvo/
[4] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30d8e884453e16414f339d92cae95fb1b631.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxyOaxn0?text=&docid=202543&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=77839